Emotionale Abhängigkeit lösen / überwinden

Emotionale Abhängigkeit – was sollen wir darunter eigentlich verstehen? Sind wir denn nicht alle in gewisser Weise voneinander abhängig und aufeinander angewiesen?

Natürlich sind wir das in gewissem Sinne! Der Mensch ist schließlich ein soziales und fühlendes Wesen, das in unterschiedlich intensiven Bindungen lebt. Unsere erste emotionelle Abhängigkeit beginnt oft schon mit der Beziehung zur Mutter. Von ihrer Nähe, Liebe und Zuwendung sind wir körperlich und emotionell in einer Weise abhängig, die beispiellos ist. Und genau deswegen eignet sie sich auch hervorragend für emotionelle Erpressung und Missbrauch jeglicher Art.

Später sollte sich die seelische Abhängigkeit lösen dürfen – aber viele Mütter wollen aus eigener Bedürftigkeit heraus lebenslang gebraucht werden und achten darauf, dass die emotionellen Bande zu ihren Kindern zwanghaft eng bleiben. Sie verstricken eines oder mehrere ihrer Kinder in unzulässiger Weise in neurotische Anwandlungen, Besitzansprüche, tief sitzende, unbewusste oder verleugnete Ängste und eigene Bedürftigkeiten. So formen sie oftmals ein Wesen, dass enge Bindungen ebenso sehr fürchtet wie es sie verzweifelt sucht. Wenn dieser Mensch sich nicht aus diesen Verstrickungen befreien kann, bleibt er lebenslang bedürftig und abhängig von der Zuneigung anderer.

Die Abhängigkeit zwischen Partnern oder Eltern und Kindern entsteht oftmals, wenn einer oder beide seelisch bedürftig und nicht autonom sind. Die Bedürftigkeit kann durch tief sitzende, oft unbewusste Verlassensängste entstehen, die bereits im Kindesalter genährt und später nicht bearbeitet wurden. Sie kann auch durch Depressionen, Ängste, Alkoholabhängigkeit, gesundheitliche Hinfälligkeit oder psychische Labilität entstehen. Der bedürftige Partner neigt zum Klammern und hängt in einer Weise an anderen Menschen, die ihn abhängig von deren Anwesenheit, Fürsorge, Unterstützung, Anerkennung und Liebe macht.

Der Abhängige glaubt, ohne den anderen nicht überleben zu können, ohne ihn hilflos, einsam und ausgeliefert zu sein. Auch in der so genannten Co-Abhängigkeit finden wir die emotionelle Abhängigkeit. Der Alkoholiker braucht einen Unterstützer und Komplizen, der die Erkrankung mit trägt. Seine Rolle ist es, die immer häufiger auftretenden Ausfälle zu dulden, zu „verstehen“ und mit Mitgefühl zu begleiten. Der gesunde Partner kann ein Helfersyndrom haben und seinerseits den Alkoholiker brauchen, um es auszuleben. Oftmals möchte man den kranken Partner vor seinen selbstzerstörerischen Neigungen und seiner Sucht retten und wird dadurch zum Komplizen statt zum Helfer. Vielfach wird eine solche Abhängigkeit erst bemerkt, wenn der Partner stirbt oder den anderen verlässt. Wo genau eine emotionelle Abhängigkeit beginnt, ist verschieden. Menschen empfinden unterschiedlich stark und sind unterschiedlich vorgeschädigt. Ohne die Sicherheit und das Vertrauen, ohne den anderen weiterleben zu können, wird eine solche Beziehung auf Dauer zu einer Belastung für beide.

Was können wir nun tun, um emotionelle Abhängigkeiten zu mildern oder zu beseitigen? Gespräche zur Bewusstmachung sind sicher sinnvoll, können aber meist keine tief greifenden Änderungen in der vorgeprägten Persönlichkeitsstruktur erzeugen. Sie unterliegt frühkindlichen Prägungen und ist meist unbewusst. Trotzdem kann man damit arbeiten. Eine Psychotherapie oder gestalttherapeutische Gespräche können sinnvoll sein. Auch die Beschäftigung mit spirituellen Inhalten kann Sinn machen. Beispielsweise lehrt uns der Buddhismus das Loslassen vom Anhaften.

Buddhas Lehren zu Folge ist allem Anhaften als Folge das Leiden zugeordnet. Man leidet nach dieser Sichtweise, wenn man etwas haben möchte, aber nicht bekommt. Hat man es, leidet man aber auch, weil man es verlieren könnte! Ganz egal, was wir haben möchten: Es erzeugt oft einen so starken Wunsch, dass wir glauben, ohne diese Sache oder diesen Menschen nicht mehr leben zu können. Sofern es nur um materielle Wünsche geht, kauft man nur mehr Dinge, Lebensmittel oder Schallplatten als man tatsächlich braucht. Aber wenn es einem um Größeres geht, das an einem nagt, wenn man es nicht bekommt, wird es problematisch.

Noch gefährlicher ist das Anhaften in Beziehungen. Es macht abhängig und verletzbar. Man verliert seine Autonomie, lebt in zu enger Symbiose und kann ohne den anderen nicht sein. Zumindest fühlt es sich so an! Es ist oft nicht einmal als Gedanke vorstellbar. Solche Partner sterben oft kurz hintereinander und geben sich vollkommen auf, wenn der andere nicht mehr da ist. Nicht-Anhaften kann in Partnerbeziehungen aber auch nicht funktionieren, weil es hier um Nähe und Authentizität, Intimität und ähnliches geht. Je eingeschränkter das Selbstwertgefühl ist, desto mehr wird man am anderen klammern. Gerade dadurch engt man ihn oft so ein, dass er einen erst Recht verlässt oder sich zumindest zunehmend eingeengt fühlt und ausbricht. Folge des zu starken Klammerns ist oft Eifersucht, Besitzdenken und Kontrolle. Eine emotionelle Abhängigkeit schadet also der Beziehung auf Dauer, obwohl alles danach aussieht, als sei man nur besonders eng verbunden.

Das Drehbuch seines eigenen Lebens sollte man nicht einem anderen Autoren überlassen. Man sollte es selbst bestimmt verfassen und eigene Ziele definieren. Dabei gilt es natürlich, Rücksichten auf den Partner und gemeinsame Lebenskonzepte zu nehmen. Niemals sollte man Dinge unterlassen müssen, weil man den Partner dadurch verlieren könnte. Ein autonomer und reifer Partner wird einen unterstützen, nicht aber bedürftig und abhängig machen oder kontrollieren. Freie Entfaltung ist in Beziehungen ebenso wichtig wie Rücksichtnahme und Gemeinschaftssinn.

Wo all dies nicht vorhanden ist, wuchert das Unkraut der Gefangenschaft, auch wenn sie ein Goldener Käfig ist. Emotionelle Unabhängigkeit bedeutet nicht, das man Angst haben muss – sondern dass sich der Partner aus freien Stücken und guten Gründen jeden Tag neu für einen entscheidet. Oder auch nicht! Dieses Risiko ist immer gegeben. Manche Beziehungen begleiten einen eben nur einen Lebensabschnitt lang und dann kommen andere. Andere wiederum passen so gut, dass sie ein Leben lang halten. Doch den ständigen Wandel, den das Leben nun mal mit sich bringt, muss man in ihnen mitgehen. Steter Anpassungswille und Gesprächsbereitschaft über neue Bedürfnisse sind gute Eigenschaften in starken Beziehungen. Starke Beziehungen brauchen keine emotionelle Abhängigkeit und erschaffen auch keine. Sie ermöglichen es einem, selbst bestimmt und ohne Angst auch ohne den anderen leben zu können.

Die 10 häufigsten Fehler die Beziehungen zum Scheitern bringen:

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