Beziehung nur um nicht allein zu sein

Auch wenn unsere moderne Gesellschaft unterschiedliche Lebensentwürfe mittlerweile mehr oder weniger akzeptiert, stellt eine feste, monogame Beziehung nach wie vor das anerkannte Ideal dar. Trotz hoher Scheidungsraten suchen viele Menschen immer wieder einen Partner, um sich begehrt und anerkannt zu fühlen. Platonische Freunde, Hobbys oder die Karriere werden oft nur als Ersatz angesehen, um die Wartezeit auf die „große Liebe“ zu überbrücken. Auch die Medien tragen ihren Teil zu dieser Vorstellung bei: Ganze Film- und Literaturgenres sind dem Thema Partnersuche gewidmet und die überwältigende Mehrheit der (meist weiblichen) Hauptpersonen hat als einziges Lebensziel, den Traummann zu finden und für sich zu gewinnen. So entsteht ein beträchtlicher gesellschaftlicher Druck, dem sich gerade Menschen mit wenig Selbstwertgefühl nur schwer entziehen können. Die Vorstellung, Alleinstehende seien in mancherlei Hinsicht „unvollständig“ oder aufgrund persönlicher Defekte „schwer vermittelbar“, treibt viele Menschen in Beziehungen, die sie aus verschiedenen Gründen weder erfüllen noch glücklich machen. Die Angst vor dem Alleinsein, der fehlenden Anerkennung oder dem gesellschaftlichen Abstieg ist größer als der Frust innerhalb einer unglücklichen Partnerschaft. Selbstverständlich sind romantische Liebe, Zärtlichkeit und Erotik allen Idealen zum Trotz nicht die einzigen Grundlagen, um mit einem anderen Menschen sein Leben zu teilen. Dennoch muss sich jeder selbst die Frage stellen, worauf es ihm oder ihr im Leben ankommt und ob das Singledasein wirklich das Schrecklichste ist, was einem erwachsenen Menschen passieren kann.

Handfeste Pluspunkte

Es ist nicht zu leugnen, dass das Leben in einer dauerhaften Partnerschaft ganz konkrete Vorteile bietet, die viele nicht missen möchten, auch wenn sie dafür Streitereien oder Langeweile in Kauf nehmen müssen. Manche Beziehungen werden beispielsweise vor allem aus Prestigegründen eingegangen, etwa, wenn ein Partner besonders wohlhabend ist oder aus einer „besseren“ Gesellschaftsschicht kommt. Luxus, Komfort und ein sorgenfreies Leben, welches sich ein Single und Normalverdiener niemals leisten könnte, lassen die emotionalen Schattenseiten in den Hintergrund treten. Auch wenn Kinder im Spiel sind, wird das Zusammensein häufig der Mehrbelastung als alleinerziehendem Elternteil vorgezogen. Darüber hinaus erliegen viele Zeitgenossen der Vorstellung, dass mit zunehmendem Alter die Zahl möglicher Partner immer weiter zurückgeht, und halten schon deshalb an ihrem derzeitigen Lebensgefährten fest. Zudem ist es anstrengend und risikoreich, sein Leben alleine und völlig eigenständig zu gestalten und aktiv Entscheidungen zu treffen. Gerade manche Frauen sind daher ständig auf der Suche nach Orientierung und einer starken Schulter zum Anlehnen. All dies sind menschliche, nachvollziehbare Gründe, um jeden Preis eine Beziehung führen zu wollen. Wenn es in der Partnerschaft dennoch häufig kriselt, empfiehlt es sich, ehrlich mit sich selbst ins Gericht zu gehen und seine Prioritäten zu klären: Sind mir materielle Vorteile und Bequemlichkeit wirklich wichtiger als die fehlende Nähe oder was auch immer die Beziehung schwierig gestaltet? Wird diese Frage bejaht, ist es oft viel einfacher, sich zu arrangieren und Kompromisse zu schließen. Etwas Selbsterkenntnis und Realismus sind jedoch nötig, um die Illusionen von Romantik und Zärtlichkeit zugunsten von Sicherheit und gesellschaftlicher Anerkennung aufzugeben.

Defizite, Träume und Idealvorstellungen

Verliebtsein ist wunderschön und gerade die Anfangszeit einer neuen Beziehung zeigt sich oft voller Schmetterlinge und rosa Wölkchen. Früher oder später stellt sich jedoch meistens der graue Alltag ein, was manche Menschen vorschnell als schlechtes Zeichen deuten und sich beizeiten nach der nächsten „großen Liebe“ umsehen. Auch hier spielen von den Medien verbreitete Illusionen eine große Rolle – nicht umsonst enden nach wie vor die meisten romantischen Liebesfilme mit der Hochzeit. Unzufriedene Singles neigen zudem dazu, das Leben mit festem Freund oder Ehefrau zu idealisieren und sich einzureden, eine Beziehung würde alle Probleme lösen und sie wären endlich glücklich und zufrieden. Gerade Menschen, die sich häufig minderwertig und unterlegen fühlen, setzen oft darauf, dass der starke Held oder die wunderschöne Traumfrau ihnen endlich das Selbstbewusstsein gibt, welches sie in ihrem Leben so sehr vermissen. Diese Denkweise kann dazu führen, auch dann eine Beziehung anzufangen, wenn sich von vornherein abzeichnet, dass beide Beteiligten nicht wirklich zusammenpassen, und dann krampfhaft daran festzuhalten. Das ungleiche Ausgangsverhältnis wird in der Regel noch dadurch verschärft, dass jeder Mensch charakterliche Defizite aufweist und daher als idealer Partner ausscheidet. Auch so sind wieder Enttäuschungen vorprogrammiert, die letztendlich dazu führen, dass die Betroffenen in einer unglücklichen Partnerschaft ausharren. Häufig kommen hier noch Schuldgefühle hinzu: Besonders Frauen sehen vor allem ihre eigenen Schwächen und haben daher Hemmungen, als „schlechter Mensch“ zu gelten, wenn sie eine Beziehung von sich aus beenden und nicht alles versuchen, um diese zu retten. Je mehr sich jemand aus den falschen Gründen an eine Liebschaft klammert, desto mehr wächst dennoch die Gefahr, dass die vermeintliche Katastrophe eintritt und das verhasste Singledasein wieder anfängt.

Eine Anleitung zum Unglücklichsein?

Wie bereits erwähnt, stellen Liebe und Romantik nur eine von vielen möglichen Grundlagen für eine Beziehung dar. Materielle Sicherheit, gegenseitiger Respekt oder die Macht der Gewohnheit mögen für manche Zeitgenossen sogar ein dauerhafteres Fundament für Ehe und Familie bilden als erotische Anziehung und Glückshormone. Dennoch gibt es einige Verhaltensregeln zu beachten, damit auch eine Beziehung gelingt, die nur deshalb geschlossen wird, weil sie dem Alleinsein vorzuziehen ist. Es ist in diesem Zusammenhang beispielsweise nicht nur unbefriedigend, sondern geradezu grausam, nicht mit offenen Karten zu spielen. Auf diese Art werden Menschen oft jahre- oder jahrzehntelang in dem Glauben gelassen, sie würden um ihrer selbst willen geliebt und nicht nur als Versorger oder Hausfrau und Mutter angesehen. Auch wenn manche sich bewusst für ein solches Leben entscheiden, sollte doch jeder die Chance haben, sehenden Auges diese Art Beziehung zu wählen. Hier ist offene Kommunikation unabdingbar, damit beide Partner sich klar werden können, wo sie im Verhältnis untereinander stehen. Es ist immer schmerzhaft zu erfahren, nur als „Lückenbüßer“ oder Notlösung herhalten zu müssen, weil das Gegenüber vor allem nicht allein sein möchte. Aber nur mit diesem Wissen lassen sich sinnvolle Entscheidungen über eine gemeinsame Zukunft treffen. Außerdem ist es für die persönliche Entwicklung sicher hilfreich, sich – vielleicht mithilfe eines außenstehenden Therapeuten oder Beraters – mit den Wurzeln dieser Angst vor dem Alleinsein auseinanderzusetzen. Vielleicht stellt sich ja heraus, dass die Zeit und Energie, immer wieder einen Partner zu finden und zu halten, doch anderweitig besser investiert sind.

Die 10 häufigsten Fehler die Beziehungen zum Scheitern bringen:

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