Introvertiertheit ablegen / bekämpfen

Was bedeutet Introvertiertheit?

Introvertiertheit ist eine Charaktereigenschaft, die häufig mit Schüchternheit verwechselt wird. Introvertierte Persönlichkeiten haben schwächer ausgeprägte soziale Fähigkeiten, sind oft still, schweigsam, zurückgezogen und nach innen gewandt. Passives Beobachten, bedächtiges Handeln, Ungeselligkeit und Reserviertheit sind typische Eigenschaften der Introversion.

Wie entsteht Introvertiertheit?

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Introvertheit und Intelligenz gibt. Auch wenn Introvertierte nur eine Minderheit (25%) der Gesellschaft repräsentieren, stellen sie die Mehrheit der Hochbegabten in der Gesellschaft. Introversion geht oftmals einher mit analytischer Denkfähigkeit. Viele analytische Denkende, wie Mathematiker, Physiker oder andere Naturwissenschaftler gelten als introvertiert. Die Forscher vermuten sogar einen direkten genetischen Zusammenhang zwischen Intelligenzquotienten und Introvertiertheit. Die genetische Veranlagung für analytisches Denken scheint die kommunikative und soziale Kompetenz zu schmälern. Sind beide Elternteile introvertiert, besteht sogar eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch der Nachwuchs die introvertierte Veranlagung erbt. Die Übergänge von starker Introvertiertheit zu autistischen bzw. schweren Kommunikations- und Beziehungsstörungen sind fließend. Typisch für Introvertiertheit ist die niedrigere Reizschwelle. Das liegt daran, dass die Nervensynapsen sensibler und zahlreicher sind. Introvertierte verzeichnen auch eine höhere Hirnaktivität und Blutzirkulation in den verschiedenen Hirnbereichen.

Lässt sich Introvertiertheit bekämpfen?

Da es sich bei der Introvertiertheit um eine genetische Veranlagung bzw. Charaktereigenschaft handelt, ist es schwierig wenn nicht gar unmöglich, diese zu bekämpfen. Aus einem introvertierten Menschen lässt sich kein extrovertierter Mensch formen. Introvertierte bemerken sehr wohl, dass sie anders als die Mehrheit sind. Manche können sich ihr „Anderssein“ nicht erklären, vermuten Phobien oder Depressionen und suchen Hilfe bei Psychotherapeuten. Ein Psychotherapeut kann dabei helfen, die soziale Kompetenz und Beziehungsfähigkeit des Introvertierten zu verbessern, um so die Interaktion mit der Außenwelt zu erleichtern.

Wie können Introvertierte ihre speziellen Begabungen nutzen?

Introvertierte haben oftmals ein enormes Wissen, da sie sich viel mit sich allein beschäftigen, lesen und über viele Dinge nachdenken. Ihre außerordentliche Beobachtungsgabe, die daraus resultierende Menschenkenntnis, ihr Wissen und ihre Intelligenz beeindrucken im Freundeskreis und beruflichem Umfeld. Introvertierte verabscheuen Meetings und Versammlungen. Oft hilft es ihnen, sich vor dem Meeting zurückzuziehen, sich zu sammeln und die Batterien aufzuladen. Eine gute Vorbereitung auf das Meeting kann dabei helfen, im entsprechenden Moment zu wissen, was zu sagen oder zu tun ist. Wenn es möglich ist, nehmen Introvertierte von sich aus die Beobachterrolle ein, ohne aktiv einzugreifen. Im Hintergrund analysieren sie jedoch die Problemstellung und glänzen anschließend Dank ihres flexiblen Denkvermögens mit ausgefallenen Ideen und unkonventionellen Lösungen.

Im Freundeskreis beeindrucken Introvertierte mit fundiertem Wissen und sind gern gesehene Gesprächspartner, wenn es darum geht, Themen tiefgründig zu erörtern. Sie sind im Freundeskreis sehr geschätzt, da sich sich gut in andere Menschen hineinversetzen können und gute Zuhörer sind. Sie bringen viel Verständnis für andere auf, sind tolerant und verantwortungsbewusst. Introvertierte pflegen ihre wenigen Freundschaften sehr intensiv.

Introvertiertheit vs. Extrovertiertheit

Etwa 25% unserer Gesellschaft haben eine mehr oder minder ausgeprägte introvertierte Persönlichkeit. Dagegen steht die übergroße Mehrheit von 75% extrovertierter Menschen, die gesellig, gesprächig, aktiv und dominant auftreten. In ihren Augen agieren introvertierte Menschen nicht normal, gelten als schüchtern, depressiv, manchmal sogar arrogant.

In unserer westlichen Gesellschaft zählen Extrovertiertheit, Teamgeist und Geselligkeit zu den „normalen“ Charaktereigenschaften und sind vor allem im beruflichen Leben von Vorteil, wenn es darum geht, Führungspositionen zu besetzen. Introvertierte Personen sind von Natur aus keine charismatischen Führungspersönlichkeiten, gleichen dies aber mit anderen positiven Eigenschaften wie Empathiefähigkeit, einem ausgeprägten Vermögen zuzuhören, analytischer Denkfähigkeit, hohem Konzentrationsvermögen und bereitwilligem Arbeitseinsatz aus.

Im privaten Leben tun sich introvertierte Menschen schwer, Kontakte zu knüpfen. Sie mögen keinen Small-Talk oder gesellige Runden. Dagegen beteiligen sie sich gern an tiefgründigen Gesprächen, dessen Thema sie ernsthaft interessiert. Typisch für introvertierte Menschen ist auch, dass sie wenige „richtige“ Freunde haben. Im Gegensatz dazu haben Extrovertierte einen ausgeprochen großen Freundeskreis. Sie sind auch in sozialen Netzwerken äußerst aktiv, denn sie fühlen sich wohl in ihrer äußeren Welt.

Ein introvertierter Mensch lebt hauptsächlich in seiner inneren Welt, daraus bezieht er auch seine Energie. Er braucht die innere Zurückgezogenheit, um seine Batterien aufzuladen und er muss lernen, dass es normal ist, sich zurückzuziehen und sich Freiräume zu schaffen. Extrovertierte Menschen dagegen beziehen ihre Energie aus ihrem Freundeskreis, sie brauchen den geselligen Kontakt zum Auftanken. Nicht alle extrovertierten Menschen verstehen und akzeptieren die Besonderheiten introvertierter Menschen. Manche interpretieren die Schweigsamkeit und Zurückgezogenheit gar als Arroganz. Hier hilft es oftmals, offen mit den eigenen Besonderheiten umzugehen. Die Verschiedenartigkeit der Temperamente und die unterschiedlichen, aber liebenswerten Eigenarten machen das Zusammenleben erst interessant.

Introvertierte Kinder

Eltern und Lehrer versuchen oft, introvierte Kinder zu extrovertierten Kindern „umzuerziehen“. Da es sich bei der Introversion aber um einen Charakterzug handelt, ist dies eine unmögliche Aufgabe. Introversion ist keine Krankheit und bedarf deshalb auch keiner Heilung oder „Umpolung“. Es ist einfach eine andere Art des Funktionierens, was Lehrer und Eltern verstehen müssen. Introvertierte Kindern brauchen eine geschützte Privatsphäre und einen Rückzugsort, wo sie ihr Bedürfnis nach Alleinsein ausleben können. Sie brauchen das Gefühl, so akzeptiert zu werden wie sie sind.

Introvertierte Persönlichkeiten

Viele wichtige Persönlichkeiten der Geschichte waren introvertiert. Dazu zählen als bekannteste Vertreter beispielsweise Albert Einstein, Isaac Newton, Charles Darwin oder Mutter Teresa.

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Comments

  1. Kathrin says

    Es ist gut, dass Sie in diesem Artikel auf die Vorzüge der Introversion eingehen. Doch der Titel des Artikels ist meines Erachtens falsch gewählt und irreführend. Introvertiertheit hat, wie Sie richtig schreiben, mit Veranlagung zu tun, jedoch ist sie nichts, was man „ablegen“ oder gar „bekämpfen“ müsste. Im Gegenteil! Bestünde die Welt nur aus extrovertierten Menschen und würde man alle Introvertierten noch zu solchen „umerziehen“, bliebe – wie Sie richtig argumentieren – die charakterliche Vielfalt doch deutlich auf der Strecke und man würde vermutlich in einer sehr lauten Welt leben.
    Es geht doch vielmehr darum – und zwar vor allem in unserer westlichen Kultur – die Introvertiertheit als einen wichtigen und wertvollen Teil seines Daseins zu verstehen und anzunehmen und sich ein für die eigenen Bedürfnisse passendes Umfeld zu schaffen, ohne sich zu verbiegen oder verbiegen zu lassen.
    Zudem gibt es unterschiedliche Ausprägungen von Introvertiertheit. Manch einer geht gerne mal auf Partys oder spricht Menschen offen an. Ich würde ebenfalls behaupten, dass introvertierte Menschen ihre Energie – nachdem sie genug Privatsphäre genossen haben – aus dem Kontakt mit Anderen, vor allem ihrem Freundeskreis beziehen.
    Es ist schade, dass in unseren Kulturkreisen die Introversion immer noch ein derart verpönter Charakterzug ist.

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