Nicht lieben / verlieben können

Sie ist weiter verbreitet, als viele denken: die Unfähigkeit zu lieben. Es gibt Tausende von Menschen mit zerrissenen Herzen, die unter diesem Zustand leiden. Darunter gibt es auch echte Misanthropen, als solche, die vom Hass auf Menschen erfüllt sind, und sehr selbstsüchtige Charaktere, denen die Eigenliebe über alles geht. Manchmal sind es eindeutig psychologische Störungen, in anderen Fällen handelt es sich um Verhaltensmuster, die schwer durchbrochen werden können. Eins aber steht fest: Die Unfähigkeit zu lieben ist meist mit großem Kummer verbunden.

Verlustängste sind echte Quälgeister

Denn diese Ängste sitzen häufig sehr tief und werden nicht selten bereits in der Kindheit angelegt. Erfahrungen wie Trennungen von der Mutter oder den Geschwistern, Scheidung der Eltern oder andere Verluste manifestieren sich zu einer generellen Ablehnung gegen Liebesgefühle, Beziehungen und Vertrauen in andere Menschen. Wer von Verlustängsten gequält wird, empfindet diese häufig auch in bestimmten Zusammenhängen, die anderen als Kleinigkeiten vorkommen mögen. Sie können sich auf das Hab und Gut, die Wohnung, den Job, vor allem aber auf andere Menschen beziehen. Die Betroffenen leben oft sehr abgeschieden und haben einen ausgesprochen strukturierten Tagesablauf, der ihnen Sicherheit gibt und manche Ängste nicht aufkommen lässt. Trotzdem sind sie im Unterbewusstsein verankert und werden in den überwiegenden Fällen lediglich verdrängt.

Niemand, der Verlustängste nur ansatzweise kennt, kann sich vorstellen, wie elementar diese sind. Immer steht die gesamte Existenz auf dem Spiel für die Menschen, die sich damit herumschlagen. Sie sind daher häufig misstrauisch, überängstlich gegenüber Veränderungen eingestellt und leider auch oft kleinkrämerisch oder gar geizig. Das, was sie haben, wollen sie behalten und bewahren. Ihnen fehlt nicht selten die Vorstellungskraft, dass sie mehr bekommen könnten als das, was sie bereits besitzen. Liebe, die ihnen geschenkt wird, nehmen sie daher gar nicht oder solange nicht wahr, bis sie mit der Nase darauf gestoßen werden.

Liebe nehmen, aber nicht geben?

Ein Mensch, dem Gefühle entgegengebracht werden, die er seiner Ansicht nach nicht verdient hat, weil er sie nicht zu erwidern vermag, gerät rasch in einen inneren Zwiespalt. Er fühlt sich einerseits moralisch unter Druck gesetzt, andererseits spürt er vielleicht auch so etwas wie eine zarte Hoffnung, dass er aus seiner emotionalen Isolation herauskommen kann. Dieses Fünkchen Hoffnung könnte ein tatsächlich ein Anfang sein, um die Unfähigkeit zu lieben, zu überwinden.

Die andere Seite braucht eine riesige Geduld und Zuversicht, dass ihre eigene Liebe stark genug ist, um den Panzer zu knacken. Wenn sich jemand – bildhaft gesprochen – mit einem Eisenband um sein Herz gegen alles schützt, was von außen kommt, wird er sich nicht von heute auf morgen grundlegend verändern. Die Kraft der Liebe ist mächtig, aber nicht allmächtig. Vor allem wird derjenige, der bisher nicht lieben konnte und es auch nicht wollte, nicht einfach nur die Hand aufhalten können. Er kann den Ausdruck der Gefühle des anderen nur in winzigen Dosen ertragen, das ganze übervolle Herz darf ihm also nicht zu Füßen gelegt werden. Es grenzt ja sowieso schon an ein Wunder, dass sich überhaupt jemand findet, der sich in einen so gehemmten Menschen verliebt. Wer das tut, ist entweder selbst verzweifelt oder aber erkennt gewisse Potenziale, die er ans Licht bringen möchte.

Beharrlich bleiben, lautet die Devise

Hat sich jemand vorgenommen, die harte Schale zu knacken, darf er nicht so rasch aufgeben. Er muss am Ball bleiben, sonst zieht sich das Objekt seiner Zuneigung blitzschnell zurück. Nämlich dahin, wo es sich auskennt: in sein Schneckenhaus, in seinen emotionalen Kühlschrank. Und ein zweites Mal traut es sich mit Sicherheit nicht wieder heraus. Also keinen Druck machen, keine Forderungen stellen, sondern stattdessen Vorschläge unterbreiten, Einladungen aussprechen und es in Kauf nehmen, dass abgelehnt wird. Trotzdem dranbleiben, nicht zu oft, aber regelmäßig versuchen, Kontakt aufzunehmen und Fragen stellen. Irgendwann wird eine beantwortet werden – und vielleicht sogar die entscheidende: Wie bist du so geworden, wie du bist? Sicher ist es nicht leicht, so eine persönliche Frage zu formulieren, aber sie ist unausweichlich.

Sieht sich der andere nämlich mit echtem und tiefem Interesse konfrontiert, könnte dies etwas bewegen. Der erste Impuls wird vermutlich Schreck, Ablehnung oder Ärger sein, aber auch dann bleibt die Frage ja im Bewusstsein. Und sobald sie sich anders stellt und heißt: Wie bin ich so geworden, wie ich bin? – lässt sie sich bereits als Hilfe zur Selbsthilfe bezeichnen. Dann hat sich der Mensch, der bisher von seiner Unfähigkeit zu lieben überzeugt war, schon ein beträchtliches Stück vorgewagt. Und er sieht womöglich auch den anderen mit neuen Augen, nämlich weder als Störenfried seiner Kreise noch als Bedrohung seiner Lebenskonstruktion, sondern als Überbringer neuer Perspektiven.

Liebesfähigkeit wieder gewinnen

Hier ist wohlgemerkt die Rede von Menschen, die kein eindeutiger Fall für den Therapeuten sind, obwohl etwas psychologische Unterstützung oder ein gezieltes Coaching durchaus hilfreich sein können. Es geht um Menschen, die sich emotional so verbarrikadiert haben, dass sie die Schlüssel für die vielen Schlösser kaum noch finden. Sie brauchen jemanden, der ihnen sehr liebevoll bei der Suche hilft. Es liegt in beider Entscheidung, ob sie das auf sich nehmen wollen. Vielleicht erscheint es dann doch sinnvoll, professionelle Hilfe mit einzubeziehen. Wer sich nicht in Therapie begeben möchte oder die Kosten scheut, kann auch in vielen karitativen Einrichtungen Gesprächspartner finden, die ein offenes Ohr für seine Problematik haben.

Es ist nicht gut, wenn die Konflikte des einen permanent im Fokus stehen bei zwei Menschen, die erst zueinander finden wollen. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht im Geben und Nehmen, und die Verpflichtung, immer wieder danke zu sagen, kommt noch hinzu.

Die 10 häufigsten Fehler die Beziehungen zum Scheitern bringen:

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Comments

  1. Anonymous says

    Ich kenne jemanden,der genau in diesem Schneckenhaus sitzt.Der von Ihnen erwähnte Panzer ist über die Jahre völlig undurchdringlich geworden.Alle Versuche sind gescheitert. Die Verqickung zweier Sprichworte drückt dies so aus: Der Esel hat versucht die Kuh vom Eis zu holen. Sinnlos! Ein sehr guter Beitrag, der des Pudels Kern trifft.

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