Unvergebenheit ist im deutschen Sprachgebrauch damit gleichzusetzen, dass wir jemandem etwas „nachtragen“. Nachtragende Menschen tragen also eine Bürde der Unvergebenheit mit sich. Die Hände sind damit nicht frei für einen versöhnenden Handschlag oder eine Umarmung. Gleichzeitig ist das Herumschleppen von Lasten kräftezehrend für den Träger – und nicht für denjenigen, dem die Last hinter hergetragen wird.
Verzeihen hingegen bedeutet, die Last loszulassen, sie abzulegen. Von dem Akt der Vergebung profitiert zunächst einmal der Vergebende, denn er hält nicht mehr länger fest an Schmerz und Verletzungen. Das Loslassen bewirkt Heilung alter Wunden. Obwohl wir mit Unvergebenheit den anderen bestrafen wollen, schaden wir damit als in erster Linie uns selbst.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zu wissen, dass durch erfolgte Vergebung böse Taten nicht geleugnet werden. Es ist nach wie vor nicht verkehrt, die Dinge beim richtigen Namen zu nennen: Eine Verleumdung bleibt eine Verleumdung, ein Betrug ein Betrug. Doch im Verzeihen liegt der Schlüssel zur Befreiung von den Nebenwirkungen dieses Bösen. Wer alte Lasten ablegt, der macht sich selbst frei für einen Neuanfang, der verändert aktiv sein Leben.
Verzeihen bedeutet keine Schwäche, sondern ist eine besondere Stärke. Eine permanente Beeinflussung des eigenen Lebens durch vergangene, negative Erlebnisse wird unterbunden. Es bedeutet Weiterentwicklung, das Alte hinter sich zu lassen, um zu neuen Ufern aufzubrechen. Natürlich ist dazu ein Kraftaufwand vonnöten, eine Phase der inneren Überwindung, die sich über Wochen oder Monate hinziehen kann. Doch der Kampf lohnt sich, denn ohne ihn würde das Verharren in altem Groll nur die Stagnation der Persönlichkeitsentfaltung im unvergebenen Bereich bewirken.
Dem anderen zu verzeihen bedeutet nicht, dass aus negativem Verhalten keine Konsequenzen gezogen werden. Verzeihen ist nicht dasselbe wie vergessen. Es bedeutet vielmehr die Überwindung eines festgefahrenen, emotionalen Zustandes und transportiert die Verarbeitung auf eine sachliche Ebene. Vergebung ermöglicht einen Neuanfang mit veränderter Perspektive. Dabei hilft zusätzlich die Erinnerung an die eigenen Fehler. Eine neue Chance hat sich sicherlich schon jeder einmal im Leben gewünscht.
Das Verzeihen funktioniert nicht von einem Augenblick auf den anderen. Vergebung ist vielmehr ein Prozess, der sich langwierig gestalten kann. Groll und Schmerz kommen in der ersten Zeit nach der Entscheidung immer wieder hoch. Dabei ist es ratsam, nicht auf die erlittene Verletzung zu schauen, sondern den Blick zu erheben zu den neuen Möglichkeiten, die sich ohne die alten Wunden bieten.
Es ist vorteilhaft, sich selbst den Vergebungsakt zu veranschaulichen, damit die Erinnerung daran jederzeit wieder aus dem Gedächtnis hervorgeholt werden kann. Diese Veranschaulichung besteht aus einem kleinen, individuell gestalteten „Abschiedsritual“.
Einige Menschen empfinden es beispielsweise als besonders wohltuend, die Dinge aufzuschreiben. Alle erlittenen Verletzungen, alle Rachegedanken sollten ohne Tabu auf einen (oder mehrere) Zettel geschrieben werden. Anschließend wird das Papier feierlich verbrannt. Dabei ist es möglich, die Vergebung laut auszusprechen, die Trennung von den alten Wunden zu proklamieren und ein neues Leben für sich selbst auszurufen.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, mit der Person, der vergeben werden soll, ein imaginatives Gespräch zu führen. Ein Foto, an das die Vergebungsworte gerichtet werden, ist dabei hilfreich. Jede einzelne Verletzung kann laut aufgezählt werden mit den daran anschließenden Vergebungsworten. Eventuell ist die Hinzuziehung einer vertrauten Person als Zeuge der Vergebung möglich. Dieser Zeuge kann in Zukunft regelmäßig an die erfolgte Vergebung erinnern, um die Loslösung zu erleichtern.
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